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Slowenien hält am 24. November Referendum über neues Atomkraftwerk ab

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Am 24. November werden die Slowenen an die Wahlurnen gehen, um in einem konsultativen Referendum über den Bau eines neuen Blocks des Kernkraftwerks Krško abzustimmen. Diese Entscheidung wurde in einer parteiübergreifenden Abstimmung der Nationalversammlung am 10. Oktober gebilligt.

Alle Parteien außer der Juniorkoalition „Die Linke“, einem einzigen Abgeordneten der führenden Koalitionspartei „Freiheitsbewegung“ und einem unabhängigen Abgeordneten, der aus dieser Partei ausgetreten war, stimmten für den Referendumsantrag.

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Regierung und Opposition meinen, Slowenien solle bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen auf eine Kombination aus Atomenergie und erneuerbaren Energien setzen, um eine stabile Versorgung zu gewährleisten. Der Ausbau der Atomkapazitäten wird dabei als wichtigste langfristige Maßnahme angesehen.

Sie sagen, dass bei der Volksabstimmung nicht die endgültige Entscheidung über einen neuen Reaktor gefällt werde, sondern ob der Regierung und dem Investor das Mandat erteilt werde, mit der Vorbereitung des Projekts fortzufahren. Möglicherweise werde zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Referendum anberaumt.

Endgültige Entscheidung noch einige Jahre entfernt

Premierminister Robert Golob geht davon aus, dass die endgültige Entscheidung über den Bau im Jahr 2027 oder 2028 fallen könnte.

Davor müsse Slowenien über 100 Millionen Euro in Forschung und Humanressourcen investieren, sei es daher wichtig zu wissen, ob die Öffentlichkeit einen neuen Atomreaktor für realistisch halte, sagte er bei einer Diskussion über Atomenergie, die er am Tag vor der Abstimmung im Parlament veranstaltete und an der auch Rafael Mariano Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), teilnahm.

Der serbische Minister für Umwelt, Klima und Energie, Bojan Kumer, sagte, in einem optimistischen Szenario könne eine endgültige Entscheidung über Krško 2 in fünf Jahren getroffen werden, die Baugenehmigung werde weitere vier Jahre dauern, während der Bau sieben Jahre dauere.

Golob kündigte an, dass seine Partei im Falle eines positiven Referendums umgehend einen Gesetzentwurf für Krško 2 vorlegen werde.

Von NGOs aufgeworfene Fragen

Die Gegner, zu denen zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und Umweltschützer gehören, argumentieren, das Referendum sei verfrüht, da den Wählern nicht genügend Informationen für eine fundierte Entscheidung zur Verfügung stünden. Zudem würde das Referendum der Regierung freie Hand bei der Durchführung des Projekts geben.

Unzufrieden sind sie auch mit der Referendumsfrage, in der die Wähler gefragt werden, ob sie „die Umsetzung des Projekts Krško 2 unterstützen, das zusammen mit anderen kohlenstoffarmen Quellen eine stabile Stromversorgung gewährleisten wird“.

Mehrere Nichtregierungsorganisationen bezeichneten die Frage als „suggestiv und manipulativ“ und argumentierten, den Wählern sollten mehrere Szenarien für die Energiezukunft des Landes zur Auswahl angeboten werden, darunter auch ein Szenario ohne Atomenergie.

Danijel Levičar, Staatssekretär im Büro des Premierministers und verantwortlich für das nationale Atomprogramm, wies die Vorstellung zurück, dass das Ergebnis des Referendums eine “Carte Blanche” für das Projekt selbst darstellen würde. Er meinte, der Investor und die Regierung bräuchten ein Mandat, um die Unterlagen vorzubereiten, einen Lieferanten auszuwählen, eine Lizenz für den Standort zu erhalten, das Personal bereitzustellen und den Standortwahlprozess einzuleiten.

Er argumentiert, dass den Wählern genügend Daten zur Verfügung stünden, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. „Wenn wir uns gegen das Projekt entscheiden, sollten wir das so schnell wie möglich tun“, sagte er den Abgeordneten. Er schätzt, dass die Vorbereitungsmaßnahmen zwischen 100 und 150 Millionen Euro kosten werden.

Der staatliche Energiekonzern Gen Energija, dem die slowenische Hälfte des Kernkraftwerks Krško gehört (die andere Hälfte gehört Kroatien), hat den Wert des Projekts Krško 2 auf 9,3 bis 15,4 Milliarden Euro geschätzt – abhängig davon, ob die Kapazität 1.000 oder 1.650 Megawatt beträgt.

Unterstützung durch Unternehmen

Der Ausbau der Kernenergie erfährt starke Unterstützung seitens der Wirtschaft. Eine Gruppe namhafter Unternehmer schlägt Unternehmen aus Slowenien und den Nachbarländern vor, sich als Investoren zu beteiligen, im Austausch für langfristig festgelegte Energiepreise.

Agor Akrapovič, Chef und Eigentümer des Auspuffherstellers Akrapovič, glaubt, dass auf diese Weise rund 2,5 Milliarden Euro aufgebracht werden könnten. Gen Energija schätzt, dass es zusammen mit anderen Akteuren im Energiesektor 20 bis 30 Prozent aus eigenen Mitteln aufbringen könnte.

Bei seinem Besuch in dem Land sagte IAEA-Generaldirektor Mariano Grossi, Slowenien könne stolz auf sein Atomprogramm sein und sollte seine Erfahrungen bei Entscheidungen über die künftige Nutzung der Atomenergie nutzen.

Er sieht im Kraftwerk Krško einen Vorteil Sloweniens gegenüber anderen Ländern, die erst jetzt beginnen, über die Nutzung der Kernenergie nachzudenken.

Umweltschützer befürchten jedoch, dass die endgültigen Kosten des neuen Reaktors unter Umständen deutlich höher ausfallen könnten als geplant. Grund dafür seien unter anderem die Erfahrungen anderer Länder mit derartigen Projekten.

Sie verglichen Krško 2 mit dem umstrittenen Block 6 des Kohlekraftwerks Šoštanj, dessen Kosten von anfänglich 600 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 1,4 Milliarden Euro Ende 2013 anstiegen. Das Kraftwerk produzierte Verluste und soll nun Jahre früher stillgelegt werden als ursprünglich geplant.

Redaktion Wirtschaft
Bild: kernenergie.ch
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